Herzensgebet


Was ist das Herzensgebet?


Das Herzensgebet ist eine uralte christliche Meditationsform.

Es wird im Sitzen in der Stille geübt. Innerlich wird dabei ständig ein Wort wiederholt. Es ist keine geführte Meditation, keine Fantasiereise, keine Bildbetrachtung und auch keine Meditation eines Gegenstandes. Das Herzensgebet ist, genau genommen, ein Weg der Kontemplation. Es ist eine Gebetsform, die über die Zeit der Übung hinaus in den Alltag wirkt und sich wie eine innere Melodie unter den Rhythmus des Lebens legt.



Woher kommt das Herzensgebet?

Das Herzensgebet wurde vermutlich schon von den Wüstenvätern und -müttern im 4. Jahrhundert nach Christus geübt. Das waren Menschen, die sich ganz in die Einsamkeit zurückzogen, um sich der Gegenwart Gottes in allem bewusst zu werden. Andere Menschen gingen zu ihnen hinaus in die Wüste, um sich Rat von diesen in der Stille geübten und dadurch weise gewordenen Menschen zu holen.

Im 19. Jahrhundert griff das Buch "Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers" diese Tradition des immerwährenden Gebets auf. Bis heute wird das Herzensgebet in christlichen Klöstern ständig weiter geübt. Insbesondere die Mönche auf dem griechischen Berg Athos praktizieren es, indem sie sich auf einen Ausspruch des Paulus aus 1. Thess 5,17 berufen: "Betet ohne Unterlass."
Dabei entwickelten die Mönche folgenden Gedanken: Was ich schon immer und ohne Untelass mein ganzes Leben lang praktiziere ist "Atmen". Wenn sich aber mein Gebet mit meinem Atem verbindet, dann bete ich ohne Unterlass, denn ich atme ständig. Und so verbanden die Mönche zunächst bewußt mit dem Ein- und Ausatmen das innerliche Aussprechen des Namen Jesu und stellten dann bald fest, dass sie auch unbewußt mit jedem Atemzug den Namen Jesu im Inneren, im Herzraum, wiederholten. Wenn sie nämlich in einer Pause des Alltags stillhielten, dann merkten sie, dass sich ohne Unterlass der Name Jesu in ihnen wie von selbst wiederholte. Es betete in ihnen. So entstand das Herzensgebet, ein Gebet ohne Unterlass.

Ein bekannter katholischer Lehrer des Herzensgebets war der kürzliche verstorbene Jesuitenpater Franz Jalics. In der evangelischen Tradition wurde das Herzensgebet in den 70er Jahren neu entdeckt und hat seitdem seinen festen Platz in kirchlichen Einkehrhäusern. In der evangelischen Kirche im Rheinland ist Rüdiger Maschwitz einer der bekanntesten Kontemplationslehrer. Sehr zu empfehlen ist sein Buch "Das Herzensgebet – die Fülle des Lebens entdecken" zur Einführung. Die evangelische Kirche im Rheinland bildet selbst Kontemplationsbegleiter*innen aus.



Was will das Herzensgebet?

Das Herzensgebet fördert die Erfahrung Gottes im Alltag. Indem ich mich in die Stille setze und auf alle Ablenkungen und Beschäftigungen verzichte, setze ich mich Gott aus. Ich setze mich zum Meditieren – und damit setze ich mich zugleich zu Gott in Beziehung. Ich lerne, ganz gegenwärtig zu sein und erfahre dabei Gott, der selbst Gegenwart ist. Dies ist ein lebenslanger Lernprozess, der natürlich auch durch die Begegnung mit mir selbst, mit meinen Sehnsüchten, Fähigkeiten, Verletzungen und Dunkelheiten führt.

Das Herzensgebet hat kein Ziel, das erreicht werden soll, sondern es ist ein Erfahrungsweg. Ich werde im Herzensgebet nicht besser als andere, aber ich sammle immer mehr Erfahrungen, die mich verändern und die mich zu mir selbst und damit auch zu Gott und den Menschen bringen. Ich darf sein, weil Gott ist.

Das Herzensgebet ist darum nicht vordergründig eine Entspannungsübung oder ein Programm zur Stressbewältigung. Und dennoch erleben viele Menschen auf dem Weg des Herzensgebetes eine entspannende und stressreduzierende Wirkung, weil sie nämlich im Sitzen eine neue Lebendigkeit finden. Sie finden Kraft, Vertrauen, Trost, Gelassenheit, Loslassen von Bewertungen, Erneuerung von Selbst- und Gottesbildern, die nicht heilsam sind. Sie erfahren die Fülle des Lebens.


Meditatoinsraum Bous, Weizenhübelstraße 3
Meditatoinsraum Bous, Weizenhübelstraße 3
Meditationsraum Saarlouis, Kaiser-Friedrich-Ring 46
Meditationsraum Saarlouis, Kaiser-Friedrich-Ring 46

Wie übe ich das Herzensgebet?

Ich brauche für die Übung einen Sitz, in dem ich aufmerksam, ruhig und ohne Anstrengung 20-30 Minuten sitzen kann. Das kann ein Hocker, ein Kissen oder ein Meditationsbänkchen sein. In der Gruppe ist dieses Material vorhanden und kann ausprobiert werden.

Wenn ich sitze, nehme ich meinen Körper wahr. Ich spüre, wie mein Atem mich bewegt. Ich richte meine Aufmerksamkeit in meinen Herzraum. Damit ist nicht das biologische Herz gemeint. Den Herzraum erspüre ich, wenn ich eine Hand auf mein Brustbein lege und dieser Berührung nachspüre.

In diesem inneren Raum lasse ich nun mein Herzenswort (s.u.) inwendig klingen, ohne darüber nachzudenken. Das ist in etwa so, wie ein Lied in mir klingt, von dem ich einen Ohrwurm habe. Das Wort passt sich dabei von selbst meinem eigenen Atemrhythmus an. Trotz der Sammlung im Herzraum fließt mein Atem bis in den Beckenraum. Wann immer ich innerlich abschweife, kehre ich zu meinem Wort zurück. Am Anfang können Sie das Wort lautlos flüstern. Irgendwann klingt es dann von selbst in Ihnen.

Wichtig ist, dass mir das Wort gefällt, und dass ich keine Widerstände dagegen spüre. Suchen Sie Ihr Anfangswort "aus dem Bauch heraus" aus, und nicht aus rationalen Überlegungen! Bleiben Sie viele Übungseinheiten lang bei diesem Wort.



Wie finde ich zu meinem Wort?

Die Urform des Herzensgebet ist der Name Jesus

Wenn ich damit aber aufgrund der tradierten Bilder nichts anfangen kann oder ich aus anderen Gründen Widerstände habe, bieten sich auch andere Herzensworte an. Ein Herzenswort sollte einfach sein und keine Suggestion beinhalten. Darum also eher nicht "Gib mir Frieden!", oder "Ich bin ganz ruhig!", sondern "Friede" oder "Ruhe".

Gute Worte für den Einstieg sind zum Beispiel:
Liebe - Freude - Frieden - Amen - Schalom - Du - Ja - Jesus Christus - Jesus - ...

Eine gute Mögichkeit, den Namen Jesu zu "atmen" besteht darin, "Jesus Christus" so mit dem Atmen zusammenzubringen, dass "Jesus" mit dem Ausatmen und "Christus" mit dem Einatmen verbunden ist.
Die Mönche auf dem Berg Athos benutzen das sogenannte "kleine Jesusgebet": "Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner."

Wichtig ist, dass mir das Wort gefällt, und dass ich keine Widerstände dagegen spüre. Suchen Sie Ihr Anfangswort "aus dem Bauch heraus" aus, und nicht aus rationalen Überlegungen! Bleiben Sie viele Übungseinheiten lang bei diesem Wort.

Sie werden nach einiger Zeit spüren, ob das Ihr Wort ist. Dieser Prozess braucht aber Zeit! Wechseln Sie das Wort weder häufig, noch beliebig. Wenn Sie ein anderes Wort brauchen, so wird dieses Wort Sie finden. Das ist rational schwer zu erklären, aber Sie spüren, wenn es soweit ist. Das ist so ähnlich, wie sich zu verlieben.



Was geschieht in der Meditationsgruppe?


Man kann das Herzensgebet für sich allein üben, am besten mehrmals in der Woche bis zu täglich. In einer Gruppe zu üben, ist jedoch ein besonders intensives Erlebnis. Hier fällt die Übung den meisten Menschen auch leichter.

Der Ablauf in unserer Meditationsgruppe ist folgender:

  • Begrüßung 
  • Körperübung (Eutonie oder Qigong)
  • kurze Runde mit Rückmeldungen und Fragen
  • Gebetsgebärde
  • 20 Minuten Sitzen (Gong zu Beginn und zum Ende)
  • Verneigung
  • zwei Runden meditatives Gehen
  • Gebärde
  • 20 Minuten Sitzen
  • Verneigung
  • Segen und Verabschiedung

Auf einem längeren Kontemplationsweg ist eine persönliche Begleitung durch einen erfahrenen Menschen hilfreich. Diese bieten wir gerne nach Absprache an.



Wie finde ich neu in die Meditationsgruppe hinein?

3-4 mal im Jahr bieten wir samstags von 10.00 – 11.30 Uhr Einführungen in das Herzensgebet an. Hier können Sie ganz in Ruhe unter Anleitung die für Sie geeignete Sitzhaltung finden und ausprobieren. In kleinen Schritten werden Sie in die Stille geführt. Sie bekommen Informationen zum Herzensgebet und haben die Möglichkeit für Fragen. So sind Sie für die Teilnahme an der regelmäßigen Gruppe gut vorbereitet.

Die Termine für die Einführungen können Sie bei uns erfragen. Zwei bis drei Wochen vor dem Termin wird er in den Amtsblättern, auf den Homepages der Kirchengemeinden Schwalbach und Saarlouis sowie unter www.fliessendeslicht.de/termine veröffentlicht.

Wenn Sie zwischen den Einführungen in die Meditationsgruppe einsteigen möchten, nehmen Sie bitte einige Tage vor Ihrem ersten Besuch Kontakt mit uns auf. Wir verabreden dann, wie der Einstieg für Sie gut gelingen kann, damit Sie Freude an der Meditation haben.

Freitagsgruppe, Einführungen ins Herzensgebet, Kontemplationsbegleitung (Bous)

juliane.opiolla@ekir.de
06834 780 17 52
0176 53 53 92 98

Montagsgruppe, Einführung ins Herzensgebet, Qigong (Saarlouis)

volker.hassenpflug@ekir.de
06831 902 41 49
0176 30 58 57 59