Corona - Wie Jona im Bauch des Fisches

02.05.2020

Manchmal fühle ich mich wie Jona. Verschluckt, im Bauch des Fisches. Jona wird ausgespien werden, dann ist er wieder draußen. Wann, das weiß er noch nicht. Wie die Welt dann sein wird, das weiß er auch noch nicht. Etwas wird anders sein, das ist sicher, denn im Bauch des Fisches zu sein, das verändert das Leben. Was aber anders sein wird, das ist noch unbekannt.
Mein Wissensvorsprung gegenüber Jona ist, ich kenne den Ausgang der Geschichte, weiß, dass er ausgespuckt wird, und dass die Geschichte weitergeht. Dass Jona im Bauch des Fisches geschützt ist, das weiß ich. Jona weiß das zu dem Zeitpunkt nicht.

Corona. Die Zeit der Beschränkungen und des Abwartens: Was wird sein? Wie geht es weiter? Die Begegnung mit anderen Menschen vermissen. Allein sein. Ungewissheit.

Jona hat einen Auftrag von Gott bekommen. Er soll Ninive die Buße predigen und den Menschen der Stadt ihren Untergang als Strafe für ihr Fehlverhalten prophezeien. Das will Jona nicht, er flieht vor dem Auftrag auf ein Schiff. In einem Sturm droht das Schiff unterzugehen, und die Menschen auf dem Schiff werfen Jona über Bord, weil sie glauben, der Sturm sei Gottes Zorn wegen Jonas Ungehorsam. Jona wird von einem Fisch verschlungen. Im Bauch des Fisches betet Jona drei Tage und wird dann vom Fisch wieder ausgespuckt. Der Fisch war ihm zugleich Gefängnis und Rettung zugleich. Das erinnert mich an so manchen Tag der Ausgangsbeschränkung. Worin ich gefangen war, das rettete mich. Manchmal fühle ich mich wie Jona.

Die Geschichte mit Jona geht weiter. Er wird vom Fisch wieder ausgespien., überlebt und erhält erneut den Auftrag, in Ninive zu predigen. Diesmal gehorcht Jona. Die Menschen der Stadt erkennen ihr falsches Handeln und Gott verschont die Menschen von Ninive, er hat Mitleid mit ihnen. Jona ist zunächst damit nicht einverstanden: Erst soll er den Menschen ins Gewissen reden und ihnen ihren Untergang prophezeien, und dann werden die Menschen doch gerettet. Die Jonageschichte ist an dieser Stelle offen. Es bleibt Interpretation, warum Jona unzufrieden ist.

Am Ende erkennt Jona aber, dass Gott Mitleid mit allen Geschöpfen hat und darum die Menschen retten will, ob Jona das gefällt oder nicht.

Das ist auch meine Hoffnung, dass Gott, ein Gott des Mitleides ist., dass Dinge geschehen, die mir als Gefängnis erscheinen, aber tatsächlich mein Schutz sind. Das ist meine Hoffnung, dass es weiter gehen wird, obwohl wir vieles nicht gut gemacht haben. Es geht weiter ... vielleicht nicht so, wie ich es mir gedacht habe, aber es geht weiter, ... und zwar so, wie es Gottes Mitleiden mit uns als gut erscheinen lässt. Es wird alles gut.

Ich hoffe auf diesen Tag, an dem ich wie Jona aus dem Fisch herausgehe. Ich gehe an Land, das Meer noch tosend und gefährlich. Dankbar gehe ich hinaus, die Hände zum dankbaren Gebet gefaltet, wie es Jan Brueghel d.Ä. in seinem Gemälde "Jona entsteigt dem Walfisch" von 1597/98 darstellt. Mein Schritt vielleicht noch vorsichtig., halb im Wasser, halb an Land. Aber es geht voran.

Übrigens: Am Bildrand - man muss das Bild langsam mit den Augen durchwandern - sehen wir eine Schnecke. Die Schnecke ist als Auferstehungssymbol zu verstehen. Sie kommt aus ihrem Haus, in dem sie verborgen war und kehrt zurück in das Leben, in Kontakt mit der Außenwelt. Aber langsam, wie eine Schnecke eben. Sie erinnert uns an die Langsamkeit und die Geduld, die wir brauchen, wenn wir unsere Häuser wieder verlassen, an die Langsamkeit und die Geduld, die wir brauchen, um dann, wenn wir den Bauch des Fisches verlassen haben, wieder erste Schritte zu wagen.