Leere und Fülle
Leere und Fülle. Eine Andacht nicht nur im Advent
Wenn wir an einen Baum denken, haben wir oft nur den oberirdischen Teil des Baumes im Sinn. Stamm, Äste, Blätter, vielleicht auch Früchte. Jetzt im Winter zieht sich das Leben zurück, Blätter fallen. Stauden sind trocken. Unser Blick sieht den kahlen Baum und die vertrockneten Stauden. Auch das ist schön anzuschauen. Aber was ist mit dem Nichtsichbaren?
Sich zurückziehen, Leben im Inneren bewahren und warten, dass es im nächsten Frühjahr wieder nach außen dringen kann. Neues Wachstum, neue Blüte, neue Frucht.
Die Adventszeit nimmt diesen Vorgang des sich Zurückziehens auf, auch wenn wir das oft nicht in unseren Gottesdiensten und Andachten in der Vorweihnachtszeit zum Ausdruck bringen. Schauen wir mal genauer hin:
Die Adventszeit ist im Grunde so wie die Passionszeit vor Ostern eine Zeit der Besinnung und des Insichkehrens, eine Zeit der Vorbereitung auf die folgenden großen Feste: Ostern und Weihnachten.
So zeigt es uns auch draußen die Natur. Sie zieht sich zurück, alle Säfte sind im Inneren, nicht mehr in den Blättern, Blüten und Früchten, sondern innen, nicht mehr sichtbar, unter der Erde. Wie sinnbildlich, dass wir gerade in dieser Zeit auch an unsere Verstorbenen denken, die nun unter der Erde ruhen und auf ein neues Leben warten.
In diese Zurückgezogenheit, dieses Nichtsichtbare, legt Gott etwas hinein, dass es wieder neu werden kann: Weihnachten. In der Nacht kommt Gott zur Welt. In der Nacht, ein Symbol für das Nichtsichtbare, das Zurückgezogene. In eine Krippe legt Gott sich selbst hinein, wird Mensch. Wie ein neuer Same für das neue Leben. Und der Same geht auf, wächst und wird blühen und Früchte bringen. Neues Leben von innen heraus. Weihnachten.
Machen wir es doch wie die Bäume und Pflanzen draußen im Garten und im Wald. Nutzen wir die Zeit, um die Energien nach innen zu leiten und dort ruhen zu lassen, bis sie wieder neu knospen, sprießen und blühen wollen.
Die Pflanzen werden "leer", um dann wieder "voll" zu werden. Das können wir auch. Werden wir zunächst leer. Dann kommt das Weihnachtswunder: In die Dunkelheit der Christnacht, in die Leere hinein kommt der Grund des neuen Lebens: Gott wird Mensch, Gott kommt zur Welt. In der tiefsten Nacht wird geboren, was dann lebendig sein wird. Wir kehren uns nach innen, um dann umso lebendiger wieder nach außen zu wachsen.